K.St.V. Thuringia im KV zu Marburg - Tradition seit 1881

 

Von der Gründung bis zum Ersten Weltkrieg

Am 11. Mai 1881 trafen sich elf Mitglieder verschiedener Kartellvereine im alten Brauhaus in Marburg mit dem Ziel, eine katholische Studentenverbindung zu gründen. Der Rektor der Universität Marburg genehmigte diese Verbindung am 31. Mai 1881. Am 9. August desselben Jahres nahm die Generalversammlung des KV die Thuringia als 20. Mitglied in ihrer Mitte auf. Da es in Marburg nur wenige katholische Verbindungen gab, blühte sie sehr schnell auf und galt um die Jahrhundertwende als die Mitgliederstärkste aller Marburger Verbindungen. Der bald folgende akademische Kulturkampf betraf die Thuringia kaum.

Die Mitglieder veranstalteten wissenschaftliche Abende, Kneipen, Ausflüge und besuchten gemeinsam den Gottesdienst. Sie lebten so die drei Prinzipien der Thuringia: Religion, Wissenschaft und Freundschaft. Dreh- und Angelpunkt des Verbindungslebens war zu dieser Zeit das Lokal „Schloßgarten“ in der Marburger Oberstadt. Der Bau eines eigenen Hauses gelang trotz des Erwerbs eines Grundstücks noch nicht.

 

Zwischen den Weltkriegen

Der Erste Weltkrieg beendete das Verbindungsleben in seiner gewohnten Form. Während in den ersten beiden Jahren noch ein eingeschränkter Aktivenbetrieb möglich war, ebbte das Leben auf dem Thüringerhaus in Folge ab, da nahezu alle jungen Mitglieder einberufen wurden. Doch die Nachkriegsjahre brachten einen schnellen Anstieg der Studentenzahl in Marburg und führten damit wieder zu einem Erstarken der ortsansässigen Verbindungen. Als Reaktion auf die Verhältnisse in der Weimarer Republik nahmen Mitglieder der Thuringia 1920 im Rahmen des Studentencorps Marburg an der Eindämmung der Unruhen in Thüringen teil, waren hierbei aber in keine größeren Kampfhandlungen verwickelt.

Im Jahr 1920 gelang der Korporation der Kauf des „Schloßgarten“ in der Marburger Oberstadt. Diese von den Alten Herren von Morsey-Picard und Tenbaum geförderte Aktion verschaffte der Verbindung ein eigenes Haus. Die folgenden Jahre waren vom Aufschwung geprägt, sowie vom hochschulpolitischen Kampf gegen die Nationalsozialisten in der Studentenschaft. Nachdem im Jahr 1931 noch in großem Rahmen das 50-jährige Stiftungsfest gefeiert wurde, ging es ab der Machtergreifung Hitlers bergab. Als katholische Korporation war die Thuringia nicht mit den Idealen des Nazistaates kompatibel. Nachdem sie bereits gezwungen wurde, Kameradschaften in ihrem Haus einzuquartieren, folgte 1935 die Aufhebung des konfessionellen Prinzips. Als Folge der immer größer werdenden Repressionen beschloss die Thuringia am 18. Mai 1936 ihre Auflösung.

 

Wiedergründung und Wiederaufstieg

Die Wiedergründung der Verbindung erwies sich nach dem Krieg als schwierig. Die amerikanische Besatzungsmacht lehnte die Reaktivierung von Verbindungen alter Art grundsätzlich ab. In Folge dessen engagierten sich die Mitglieder in der katholischen Hochschulgemeinde und trafen sich ansonsten im Geheimen. Nachdem die Bestimmungen der Amerikaner gelockert wurden, gelang Anfang 1949 die Wiedergründung der Verbindung. Allerdings stand die Thuringia wieder ohne eigenes Haus da, weil dieses während des Krieges verkauft werden musste. Es wurden wiederholt Räume auf dem Haus der AMV Fridericiana Marburg angemietet. Nach einer großen Spendenaktion wurde das Haus im Hainweg 2 erworben, wo die Thuringia noch heute residiert.

Ein weiterer Einschnitt in der Geschichte der Thuringia war die 68er-Bewegung. Prinzipien und Traditionen wurden von den Studenten wie überall in Deutschland in Frage gestellt. Wie bei vielen anderen Verbindungen bedeutete diese Entwicklung für Thuringia fast das Ende. An die Stelle von Kneipen und Kommersen traten Diskussionsabende, und die Vollwichs wurde abgeschafft. Dennoch gelang es der Thuringia, die Gräben zwischen Altherrenschaft und Aktivitas wieder zu schließen. Nach einer Rückbesinnung auf die eigene couleurstudentische Geschichte wuchs die Mitgliederzahl wieder an. Heute kann die Thuringia mit 30 Aktiven positiv in die Zukunft schauen.